Seit über zehn Jahren schenken Seniorinnen im Hardtwaldzentrum Eltern mit Kleinkindern etwas Besonderes: Zeit. Zeit, um Erledigungen ohne ihren Nachwuchs zu tätigen; Zeit, um Freundinnen und Freunde zu treffen; Zeit für sich selbst. „Alt und Jung – Hand in Hand“ bietet in verschiedenen Stadtteilen Karlsruhes Eltern diese kostenlose Möglichkeit. Die Seniorinnen im Hardtwaldzentrum haben so viel Freude daran, dass die meisten schon seit vielen Jahren dabei sind – die Dienstälteste konnte vor kurzem ihr Zehnjähriges feiern.
Wie es dazu kam, dass sie sich entschieden, bei „Alt und Jung“ aktiv zu werden?
Der Eintritt ins Rentenalter war bei den meisten ein maßgeblicher Punkt. Von wegen „Ruhestand“! Jetzt war die Gelegenheit, sich ehrenamtlich zu betätigen. Etwas zurückgeben vom guten Leben, auf das sie zurückblicken konnten. Bei einer war es ein Artikel in der Kundenzeitschrift der Stadtwerke, bei der anderen ein Bericht im KURIER. Die Dienstjüngste wurde einfach von einer „alten Häsin“ im Supermarkt angesprochen, ob sie nicht Lust hätte, mitzumachen. „Ach, das wär ja was!“
Ein Ehrenamt, das Spaß macht und Freude verbreitet
Dass sie ihr Ehrenamt mit Kindern verbringen, ist allen Seniorinnen wichtig. Der Spaß, den sie mit den Kindern haben, das Lachen der Kinder, die Freude, wenn die älteren Kinder rufen „Die Oma kommt“. Eine gute Gelegenheit, Zeit mit Kindern zu verbringen, wenn die eigenen Enkel zu weit weg wohnen – oder es keine Enkel gibt.
Genauso wichtig ist den Seniorinnen aber, den Eltern (meist Müttern) etwas Zeit zu schenken. Zumindest diese zwei Stunden für sich selbst nutzen zu können. Ein bisschen Freizeit zu haben – „denn die ist schon arg eng mit so einem kleinen Kind!“.
Braucht ein Kind zum Kennenlernen etwas länger für‘s Warmwerden, können die Eltern gerne bleiben. Weggeschickt wird hier niemand. Zumal viele Eltern den Austausch mit den Seniorinnen als hilfreich erleben: „Die Gespräche mit den Omis, die mich mit Ihrer Erfahrung und Gelassenheit begeistern.“
Wer die Seniorinnen donnerstags besucht, merkt, wie gut sie sich miteinander verstehen. So verschieden sie sind, sie haben immer was miteinander zu erzählen, unternehmen auch privat etwas. Und wenn mal gar keine Kinder da sind, ja, dann ist es halt ein „Oma-Kaffeeklatsch“. Von ihrer Verschiedenheit profitieren auch die Kinder. Während die eine für Remmidemmi zuständig ist, hat die andere unglaublich viel Geduld. Während die eine mit Musik hüpft und tanzt, assistiert die andere den Kindern als Baumeisterin und Puzzlebegeisterte. So können sie ganz auf die Kinder eingehen – weiß ein Kind gar nicht, was es machen könnte, geben sie Spielangebote, aber „ob das Kind mitmachen will oder nicht, entscheidet es selbst. Wir gehen da ganz auf’s Kind ein.“
Rituale sind wichtig
Ein paar Regeln und Rituale haben sie bei „Alt und Jung“. Beim Frühstück wird nicht gespielt – aber wer nicht frühstücken mag, muss nicht am Tisch sitzen bleiben. Was es zum Frühstück gibt, da gibt es hin und wieder Gesprächsanlass: „Wenn ein Kind z.B. stark gezuckerte Süßigkeiten mitbringt, wollen die anderen Kinder davon auch. Das ist schwierig. Die Eltern haben unterschiedliche Vorstellungen bei der Ernährung und manche möchten das für ihr Kind nicht. Also bitten wir die Eltern, sowas nicht mitzugeben.“
Dass die Eltern dieses ehrenamtliche Engagement wertschätzen, erfahren die Seniorinnen immer wieder: Sie bekommen zu Weihnachten etwas gebastelt, zum Geburtstag gibt es eine Kleinigkeit und Abschiede werden mit wehem Herzen gefeiert.
Nicht nur die Seniorinnen, auch manche Eltern halten „Alt und Jung“ die Treue: Sie kommen bereits mit dem zweiten oder gar dritten Kind vorbei. Sie schätzen die Offenheit, das Unkomplizierte dieser Art der Betreuung.
Die Eltern schätzen das ehrenamtliche Engagement
„Die Omis freuen sich aufrichtig über mein Kind und nehmen es an, wie es ist. Es gibt wunderbare Gespräche, bei einem heißen Kaffee (den man sonst kalt oder gar nicht trinkt). Mein Kind und ich fühlen uns jederzeit willkommen. Die Omis machen das mit Herz. Man sieht und spürt das. Es ist ein wunderbares Gefühl, nach einem Abschied die Gewissheit und das Vertrauen zu haben, dass mein Kind bei den Omis gut aufgehoben ist.“
Für viele Kinder ist der Besuch bei „Alt und Jung“ ein erster Schritt zur Abnabelung. Sie kommen hier mit anderen Kindern in Kontakt, finden erste Freunde. Sie lernen Eigenständigkeit und Mut. „Dass sie lernt, es gibt gute Menschen!“, schätzt eine Mutter sehr an den Seniorinnen.
Das Besondere an dem Engagement der Seniorinnen ist, dass sie spontan in der Not einspringen. „Eine Omi hat meinen großen Sohn von zu Hause abgeholt und nach „Alt und Jung“ wieder sicher nach Hause gebracht. Ich war mit dem zweiten, noch sehr kleinen Kind oft zu Hause und hätte mir die Zeit nicht herausnehmen können, zu „Alt und Jung“ zu gehen. Das ist Großzügigkeit und Selbstlosigkeit! Ich bin ihr dafür immer noch dankbar.“
„Ich denke, diese Frauen haben einen stark ausgeprägten Sinn zur Nächstenliebe. Sie fühlen sich wohl in der Rolle, etwas von sich geben zu können. Glückliche und zufriedene Menschen haben mehr zu geben, und das teilen sie gerne mit anderen. Und ich bin froh, dass mein Kind von glücklichen und zufriedenen Menschen betreut werden kann.“