Totholzskulpturen, Totholzzaun

Totholz am Hardtwaldzentrum

Wieso liegen und stehen hier eigentlich immer neue Zweige, Äste, Stämme und Häckselgut am Hardtwaldzentrum rum? Soll das etwa schön sein?

Schönheit liegt immer im Auge der Betrachterin – aber auf alle Fälle ist dieses „Totholz“ ungemein nützlich! Denn totes Holz bietet einer lebendigen Vielfalt neue Möglichkeiten: Pilze, Moose und Flechten profitieren davon; Ameisen- und Spinnenarten nutzen Totholz als Lebensraum; Wildbienen, Wespen, Hornissen, Fliegen, Käfer brauchen abgestorbenes Holz als Baumaterial, Ruheplatz oder Aufzuchtsstätte ihrer Brut: Manche legen ihre Eier unter die Rinde, wo sich die Larven entwickeln. Diese wiederum sind eiweißreiche Leckerbissen für Vögel. Eine der größten heimische Wildbiene, die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea), nagt sich in’s mürbe Holz, um ihre Eier abzulegen. Die meisten Wildbienenarten jedoch bevorzugen von Käfern bereits gebohrte Gänge. Spechte zimmern sich in absterbende Stammbereiche ihre Bruthöhlen – von zahlreichen tierischen Nachmietern wie Fledermäuse, Siebenschläfer, Eichhörnchen oder anderen Vögeln begehrt. Auch Amphibien und Reptilien zählen zu den Totholzfans. Also: Von wegen tot – es tobt das Leben!

Ohne beschattendes Laub können sich unter dem Baum wieder lichthungrigere Pflanzen entwickeln und es entsteht eine größere Vielfalt am Boden. Insekten, Pilze und Bakterien verwerten Totholz zu Mulm und Humus, jetzt finden Pflanzen(-sämlinge) Nahrung.

Aber aus Sicherheits- oder optischen Gründen werden abgestorbene Äste meist entfernt bzw. gleich der ganze Baum gefällt. Und ab geht’s auf den Grünabfallplatz.

Abgesägte Birkenstämme im Transporter

Was macht also Karl, der Käfer (die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht), der hier kein Auskommen mehr hat? Er freut sich, dass es zumindest am Hardtwaldzentrum wieder die Möglichkeit gibt, zu leben und für Nachkommen zu sorgen. Und nicht nur er: Wussten Sie schon, dass die Lieblingsspeise von Igeln gar nicht die berühmten Nacktschnecken sind, sondern Laufkäfer? Sie bieten nämlich alle wichtigen Inhaltsstoffe, die ein Igel für ein gesundes Leben braucht.

Auf zum Totholz-Rundgang!

Totholz-Hecke

Neu angelegter Totholzzaun

Mit einer Totholz-Hecke verschaffen wir unseren Ast- und Strauchschnitt ohne viel Aufwand. Da muss nix gehäckselt oder weggefahren werden. Pfähle auf beiden Seiten bilden die Stützen (gut, das war nun wirklich ordentlich Arbeit), dazwischen werden Äste, Zweige oder alte Staudenstängel aufgeschichtet. Je breiter und länger die Hecke ist, desto mehr Versteck- und Nistmöglichkeiten für kleine und größere Tiere bietet sie. Nützlinge siedeln sich an und kümmern sich um Schädlinge.

Das Holz verrottet nach und nach, so dass frisch anfallendes Schnittgut immer nachgelegt werden kann. Achtung: Mit Schnittgut schnell anwachsender Pflanzen wie Brombeeren aufpassen! Sonst ist in wenigen Jahren eine undurchdringliche Monokultur entstanden.

Unsere Totholz-Hecke bietet einen zusätzlichen Nutzen: Wir sammeln innerhalb des Rings unsere Grünabfälle, vor allem das viele Laub, das unsere Bäume abwerfen. Das Eichenlaub verrottet allerdings nur sehr langsam, so dass hin und wieder doch Fahrten zum Grünabfallplatz notwendig werden – aber weit weniger als früher!

Mit viel Laub gefüllter Totholzzaun

Durch einen kleinen Durchgang kommen auch Igel und andere „Läufer“ in den Heckenbereich hinein und wieder hinaus.

Vor die Totholzhecke haben wir blühende heimische Pflanzen wie Feldrose, Akelei, klebriger Salbei, Disteln und Bodendecker wie Günsel und Braunelle gesetzt.

Feldrose vor dem Totholzzaun

Stammplatz

Mehrere Holzstämme aufrecht im Boden

Aufrecht stehendes Totholz bildet den absterbenden Baum nach – wenn auch weit niedriger als das „Original“. Bei aufrecht stehendem Totholz haben wir unterschiedliche Kleinklimata: Oben warm und trocken, unten etwas kühler und länger feucht. Je dicker und höher es ist, desto wertvoller ist es. Denn so bietet es mehr Möglichkeiten für Lebensräume. Eine Holzbiene baut sich z.B. gerne Niströhren bis 1m Länge. Natürlich ist stehendes Holz auch Ansitzplatz von Vögeln oder Ausguck für Eichhörnchen.
Und manchmal hockt auch ein Zweibeiner drauf.

Ein Mann sitzt auf den Holzstämmen

Aufrecht stehendes Totholz muss zu mindestens einem Drittel eingegraben werden, damit es nicht gleich umkippt. Die Standfestigkeit sollte regelmäßig geprüft werden, falls der Bereich besucht wird. Es empfiehlt sich, hartes Holz wie Buche oder Eiche zu verwenden. Dieses verrottet nicht so schnell.

Holzstapel und liegendes Totholz

Totholzstapel

Auch sie bieten Unterschlupf, Aufenthalt, Überwinterungsmöglichkeiten, Baumaterial und Nahrung für allerlei Getier. Ebenso gilt: Je höher und je unterschiedlicher die Lücken, desto wertvoller. Wichtig wäre, solche Stapel in Ruhe zu lassen – und das ist oft das Problem, wenn sich die Tiere ausgerechnet Brennholzhaufen als Unterschlupf oder Nistplatz aussuchen. Entweder werden sie in ihrer Winterruhe gestört oder ihre Nachkömmlinge landen im Feuer.

Da die Oberseite schneller abtrocknet, sonnen sich gerne Amphibien auf Holzstapel – während die schattige Unterseite von Käfern, Wanzen, Asseln und anderen genutzt wird.

Käferkeller

Birkenstämme auf einem großen Haufen von Holzhäckseln, dahinter gestapelte Kiefernstämme

Wir hoffen, hier ein schönes Refugium für Käfer geschaffen zu haben: Einen Meter tief haben wir den „Keller“ ausgehoben und mit Holz in unterschiedlicher Dicke, mit Laub und mit Holzhäcksel gefüllt. Teile einer innen bereits faul gewordene Birke finden hier einen neuen Platz – so trägt ein aus Sicherheitsgründen gefällter Baum doch noch zum natürlichen Kreislauf bei. Schön zu sehen sind die „Hexenbesen“ und sowie Höhlen, die vermutlich von Spechten geschlagen wurden. Hexenbesen entstehen durch Schlauchpilze, die die Bildung zahlreicher dünner Zweige auslösen.

Durch die unterschiedlichen Holzarten finden unterschiedliche Käfer Interesse am Käferkeller. Manche bevorzugen recht frisches Totholz, andere bereits morsches Holz. Sie legen ihre Eier im/am Holz ab, das den Larven als Nahrung dient. Die meisten holzliebenden Käfer bevorzugen ein bestimmtes Holz – der Hirschkäfer z.B. Eiche. Je nach Käferart kann sich die Larvenentwicklung über mehrere Jahre hinziehen. Dass wir ihnen dazu keine Zeit mehr geben, weil wir das alte Holz vorher abtransportieren, trägt zum Rückgang dieser Käferarten bei. Es muss übrigens nicht befürchtet werden, dass diese Käfer auf gesunde Bäume oder Sträucher überwandern.

Noch mehr Holzhäcksel

Holzhäcksel nutzen wir übrigens noch für andere Zwecke. Z.B. für Gießringe um unsere Sträucher und Bäume. Die sehr trockenen Sommer machen ihnen zu schaffen. Da heißt es, ordentlich und gezielt zu gießen – vor allem die alten Bäume benötigen viele, viele Liter Wasser. Die Gießringe aus Laub, Erde und den Holzhäckseln helfen, dass das Wasser nicht einfach wegfließt, sondern im Wurzelbereich bleibt. Im Laufe der Zeit werden Pilze, Insekten und Würmer die Ringe zu Humus verarbeiten – also auch hier gibt es ordentlich was zu futtern für die holzliebende Mannschaft!

Weite RInge aus Häcksel um zwei Walnussbäume

Totholz? Nein, lebendige Vielfalt!

Holz in allen Variationen ist also ein wertvolles Element im Garten. Es lässt sich ganz unterschiedlich einsetzen. Haben Sie Lust bekommen, in Ihrem eigenen Garten oder auf Ihrem Balkon kreativ zu werden? Die Tiere freuen sich!

Beetumrandung mit dickeren Ästen

Kontakt und Information:

Susanne Butz
Servicestelle für ehrenamtliches und soziales Engagement
Tel. 0721 91230-34, E-Mail gfd@paritaet-ka.de.